Düfte wecken Erinnerungen

Um zu verstehen, wie Duftmarketing funktioniert, muss man den biologischen bzw. emotionalen Aspekt von Gerüchen und deren Wirkungsweise genauer betrachten.

Ohne Emotionen sind keine Entscheidungen möglich. Erst Emotionen gestatten uns Dinge zu bewerten und ihre Bedeutung einzustufen. Daher ist das limbische System der eigentliche „Machthaber“ im Gehirn. Die zentrale Schaltstelle darin ist der Hippocampus, der auch als das „olfaktorische Gedächtnis“ bezeichnet werden kann.

Geruchseindrücke bleiben besonders gut im Gedächtnis haften, aber nur dann, wenn sie mit einem emotionalen Erlebnis oder emotionsträchtigen Erinnerungen verbunden sind.

So kann Sie zum Beispiel ein „vergessener“, über extrem lange Zeit nicht mehr wahrgenommener Geruch, etwa von einem Essen, wenn er Ihnen in die Nase steigt, an ein Gericht Ihrer Grossmutter erinnern und damit lange versunkene Kindheitserinnerungen und Gefühle wachrufen – so klar, als ob es erst gestern gewesen wäre.

Dieses Phänomen des Hervorrufen von lange Zeit inaktiven Erinnerungen durch einen Geruch bezeichnet man als Proust-Phänomen, in Anlehnung an den französischen Schriftsteller Marcel Proust („Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“).

Wird ein Geruch wahrgenommen, wird dieser sofort mit einer Emotion verknüpft. Das liegt daran, dass Gerüche direkt in der Amygdala, dem sogenannten Mandelkern, verarbeitet werden. Dieser ist der Teil des limbischen Systems, der stark an der Entstehung von Emotionen beteiligt ist. Anders als alle anderen Sinnesreize, die vorab verarbeitet, aussondiert und abgespeichert werden, werden Gerüche sofort in der Amygdala mit Emotionen gekoppelt. Evolutionär betrachtet ist das natürlich sinnvoll. Es ist unser Erbe aus der Zeit, als wir Raubtiere noch wittern konnten und sofort reagieren mussten.

Die Amygdala steht in enger Verbindung mit dem Hippocampus, zuständig für Erinnerungen, und dem Hypothalamus, zuständig für den Hormonhaushalt, der biochemischen Basis der Gefühle.

Die Verarbeitung im Hippocampus führt dazu, dass Gedächtnisinhalte dauerhaft gespeichert werden. Der Hippocampus arbeitet ressourcenarm, das heißt, er sortiert auf dem Weg ins Langzeitgedächtnis praktisch keine Informationen aus. Aus diesem Grund müssen Gerüche nicht wie Vokabeln gelernt werden, sondern können prompt gespeichert werden.

Der enge Zusammenhang des Geruchssinns mit dem limbischen System und dem Hypothalamus führt zu einer Sonderstellung bei Lernprozessen: Anders als bei der klassischen Konditionierung können die Zeitabstände zwischen unkonditioniertem Stimulus und konditioniertem Stimulus extrem ausgedehnt werden.

Trotz langer Intervalle kann es so zu einer konditionierten Reaktion (beispielsweise Übelkeit und Erbrechen infolge von Ekel) kommen, ausgelöst durch einen ursprünglich neutralen Reiz (also einen bestimmten Geruch), der nun als konditionierter Reiz diese Reaktion bedingt.

Auch olfaktorische Reize unterhalb der Schwelle aufmerksamkeitsabhängiger, bewusster Wahrnehmung können als sogenannte subliminale Reize Wirkungen entfalten, die beispielsweise für eine „unterschwellige Werbung“ benutzbar sind. Genau hier liegt der Schnittpunkt von Biologie und Marketing – und setzt Duftmarketing an.